Hilary McKay. Vier verrücke Schwestern voll verknallt
Vier verrückte Schwestern voll verknallt
von Hilary McKay
"Das Familienleiden, was hab ich dir gesagt?", trompetet Oma die Große der verzweifelten Mrs Conroy ins Ohr.
Das
Familienleiden. Jeder und jede kann angesteckt werden, niemand ist
sicher. Nicht mal Phoebe, auch wenn sie in diesem Band noch einmal
verschont bleiben soll.
Nicht
nur die Conroys, natürlich leiden auch andere Menschen unter dem
Verliebtsein, aber ich habe selten treffendere Beschreibungen dieses
Zustands gefunden als in diesem Buch. Ein Beispiel:
"Ruth hatte sich noch nie im Leben so ausgeschlossen gefühlt. Hoffnungslos. Am Boden zerstört. Das Familienleiden ging über ihre Kräfte. Plötzlich war sie keinem weiteren Tag gewachsen, der mit Busfahrern, rothaarigen Sunnyboys und der schrecklichen Möglichkeit auf sie wartete, ihre Liste zu erweitern."
Ihr
seht, es dreht sich um Liebe. Alle Schwestern, bis auf Phoebe, erwischt
es schwer. Ruth und Naomi sogar doppelt und dreifach, was
die Sache nicht einfacher macht.
Eigentlich
will Oma die Große, der Mrs Conroy das Leid ihrer Töchter klagt, die
Situation mit dem kleinen selbstorganisierten Schüleraustausch nur
verbessern: Sie schickt den Sohn eines alten französischen Freundes
kurzerhand für einige Tage nach England. Dort angekommen entpuppt sich
Philippe als Feuerwerk aus Charme, Takt und Kochkunst, was einen
vorstellbaren Effekt auf die Mädchen hat (ich verrate an dieser Stelle
nicht, wer ihn abkriegt...).
Als
Philippe wieder abgefahren ist, sind die Schwestern allerdings noch
nicht vollkommen geheilt. Dafür sollen sie nach Frankreich fahren und
Urlaub im Häuschen des besagten Freundes von Oma der Großen machen. Ohne
außerschulische Französischkentnisse (was bedeutet, dass sie zwar
theoretisch nach einem Kilo Äpflen fragen können, aber ratlos sind, wenn
die Franzosen so frech sind und ihnen freundlich antworten).
Verliebtsein
ist für die Schwestern (noch) ein Gräul. Kein Wort von romantischen
Treffen, von Liebesbriefen oder Schmetterlingen im Bauch. Allerdings
muss man dazu sagen, dass es sich auch größtenteils um unglückliche,
unerwiderte Liebe handelt. Wer zu den Menschen gehört, der dieses Gefühl
schon einmal erlebt hat (hier...!), wird sich wiederfinden, in Ruths
wütenden Tagebucheinträgen, Naomis schwermütigen Gedichten à la Houseman
und Rachels nicht enden wollender Hoffnung auf ein gutes Ende. Phoebe
wird in all dem Trubel natürlicht nicht außer acht gelassen, sie macht
sogar eine erstaunliche Entwicklung von internationaler Spionin zu Liebem Kleinem Mädchen durch. Jedenfalls beschert sie Mrs Conroy einen Glücksmoment, in dem diese erleichtert seufzen kann: "Liebe kleine Phoebe. Sie ist doch nicht nur böse."
Sehr
traurig habe ich den Buchdeckel zugeklappt. Das letzte Buch über die
Schwestern. Aber (und das ist ja das Schöne an Büchern!), ich kann
jederzeit wieder Buchdeckel des ersten Bandes aufklappen und sie wieder
besuchen. Und dann mir vorstellen, wie Ruth, Naomi, Rachel und Phoebe an
einem Frühlingsabend durch die blühenden Apfelwiesen Nordfrankreichs
schlendern. Und mich dann fragen, ob sie je etwas von Schulabschlüssen, Assessement Centern und anderen Nichtigkeiten gehört haben...
Nachtrag:
Wenn ihr ihr die Möglichkeit habt, hört auf jeden Fall das Hörbuch. Es
ist zwar gekürzt, doch es ist einfach wundervoll, Patricia M. Harrison
zuzuhören, wie sie jedem Charakter Leben einhaucht. Die Titelmelodie
zaubert mir jedesmal ein Lächeln aufs Gesicht...
Kommentare
Kommentar veröffentlichen